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Mein Blog, mein Blog...

Aktualisiert: 4. Aug.



Den eigenen Weg zu gehen ist manchmal gar nicht so einfach - vor allem im Internet, als hätten Cyber-Hänsel und Myspace-Gretel auf ihrer verwirrenden Reise durch das neue Medium nicht nur Brotkrumen hinterlassen (die sie nie wieder finden werden, weil der Twitter-Vogel sie schon verspeist und wieder ausgeschissen hat), sondern auch noch vieles mehr: Falsche Informationen, Verschwörungstheorien, Hass, Meinungen, Hypes und Selfies.


Letztens habe ich dann einer Bekannten bei Kaffee und Brotkrumen erzählt, dass ich wieder Lust auf's Schreiben habe. Kürzere Texte sollen es werden. Online-Kolumnen, vielleicht. Ein bisschen Satire, möglicherweise. Einfach irgendetwas, ohne viel Inhalt eben. Ein eigener Blog, zum Beispiel...

Sie schlürfte an ihrem 4,30€-Karamell-Latte und legte ihren Kopf ein bisschen schief. Und wie sie so überlegte und ihre Skepsis über den Tisch zu mir rüber kullerte, konnte ich in ihren Pupillen in meine Zukunft sehen...


"Willkommen, willkommen ihr Menschen! Tretet näher und seht!", ruft der Zirkusdirektor und zeigt auf ein kleines, unscheinbares Ding in der Ecke eines goldenen Käfigs. "Wieder einmal hat es ein Menschlein gewagt, sich in die Öffentlichkeit zu bewegen! Und schaut nur, was aus ihm geworden ist: Ein kleines, verschrumpeltes Ego, ohne Zeit für das Schöne und ohne Geschichten, die es wert sind, erzählt zu werden." Ein Raunen geht durch die neugierige Menge. Das Ding im Käfig bewegt sich, sieht aus wie der unanimierte Voldemort aus der Verfilmung des ersten Harry Potter Films, als es nur ein schwarzes Bettlaken und einen unbezahlten Praktikanten brauchte, um Kinder zum Schreien zu bringen.

"Warum?", röchelt das Ego und rüttelt an den Gitterstäben, "warum?". Die Zuschauer weichen zurück. Nur ein Junge mit kabellosen Kopfhörern und Selfiestick wagt sich weiter nach vorne, den Rücken zum Käfig - die Kamera auch. "Mutig, junger Mann. Mutig", lobt der Zirkusdirektor, der selbst ein wenig Abstand von den Gitterstäben genommen hat. Er nickt anerkennend, hält seinen wunden Swipe-Daumen nach oben und ruft laut: "I like!"


"Also lieber doch keinen Blog?", frage ich meine Freundin, bevor sie sich eine höfliche Antwort für mich zurecht gelegt hat. Sie schüttelt dankbar den Kopf: "Versteh mich bitte nicht falsch, Emma. Aber Blogs sind sowas von tot. Die liest doch eh keiner mehr."


Aber wenn Niemand meinen Blog liest, werde ich zwar weder berühmt noch reich, denke ich, aber in einem Käfig lande ich ebenfalls nicht. Zuhause angekommen, setze ich mich an meinen Computer, ziehe meine Kopfhörer auf und lasse mich von meiner vermeintlich personalisierten Spotify Playlist inspirieren... "Meine Stadt, mein Bezirk, mein Viertel, meine Gegend. Meine Straße, mein Zuhause, mein Block, mein Block", höre ich Sido philosophieren und denke: oh wie recht er doch hat. Mein Blog, mein Blog... Meine Website, meine Regeln.


Ach. Was soll's.



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